Projekt "Akku Leer - Jugendarbeit braucht Power"

von Silvia Wieandt

Die Kampagne "Akku Leer - Jugendarbeit braucht Power" fand im ersten Halbjahr 2017 statt. Wir stellen die Kampagne vor, die die wahlpolitischen Forderungen der AGOT NRW in Forderungen und aktiven Angeboten mit Kindern und Jugendlichen transformiert und Ihnen die Möglichkeit gab, selbst vor Ort für ihr Jungendzentrum aktiv zu werden.

 

Ausgangslage

Das Falken Bildungs- und Freizeitwerk NRW e.V. (FBF NRW) ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Offene Türen Nordrhein-Westfalen e.V. (AGOT-NRW). Im Rahmen der jugendpolitischen Interessenvertretung und der intensiven Diskussionen mit allen im Landtag vertretenen Parteien, ent-standen unter Mitarbeit des FBF NRWs wahlpolitische Forderungen. Diese fokussierten sich auf die zahlreichen Schwerpunkte der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, die es auch aus Sicht des FBF NRW zu fördern gilt. Weiterhin bedarf es zur Sicherung und zum (weiteren) qualitativen Ausbau des Arbeitsfeldes eine verlässliche, angemessene strukturelle Förderung.
Gerade die Offene Kinder- und Jugendarbeit bewegt sich im Spannungsfeld zwischen der oftmals schwachen kommunalen Förderung und der fehlenden Lobby vor Ort auf der einen und der Jugendpolitischen Interessenvertretung auf Landesebene auf der anderen Seite. Eine Bündelung der Interessen und der politischen Forderungen ist aufgrund der stark ortsabhängigen Fördersituation ebenso problematisch wie eine Diskussion, welche nur auf Landesebene geführt wird.

Rahmenbedingungen zur Planung der Kampagne

Nachdem die Planungen zu den wahlpolitischen Forderungen innerhalb der AGOT-NRW abge-schlossen waren, wollte das FBF NRW die Idee vertiefen, eine vernetzende Aktivität für die Einrich-tungen anzubieten, die es ermöglichte, auch vor Ort zum Thema aktiv werden zu können. So sollten die wahlpolitischen Forderungen der AGOT NRW in Forderungen und aktiven Angeboten mit Kindern und Jugendlichen transformiert werden.
Im Rahmen der Jahrestagung des FBF NRW im November 2016 wurde die Idee den anwesenden Fachkräften vorgestellt und weiterentwickelt. Die Fachkräfte thematisierten dabei weitere Bedarfe, sodass folgende Rahmenbedingungen zur Planung der Kampagne ermittelt wurden:

  • Positive Gestaltung
  • Potentiale der Offene Kinder- und Jugendarbeit darstellen
  • Kinder und Jugendliche mitnehmen
  • Aber: auch die Fachkräfte sollen im Fokus stehen

Die Kampagne sollte dabei vor allem aus dezentralen Aktionen vor Ort bestehen.
 

Mehr Wertschätzung

Die Fachkräfte kritisierten während der Entwicklung der Kampagne, dass ihr Arbeitsfeld zwar zu-nehmend ausdifferenziert wird, sie jedoch wenig Anerkennung für ihre Arbeit im Sozialraum, im Rahmen der kommunalen Verwaltung oder bei Netzwerkpartner*innen erhalten. Obgleich die Fachkräfte vielerorts Hilfenetzwerke organisieren, Themen aus Sicht der Kinder und Jugendlichen innerhalb der Kommune bearbeiten, bewegen sie sich zwischen einer Abgrenzung zu Jugendarbei-ter*innen bei zeitgleichen hohen Anforderungen durch die Jugendhilfe oder die Schulen, was durch die Kommunale Steuerung eher befördert wird.
Ziel sollte es sein, gerade die Besucher*innen und Anwohner*innen im Sozialraum für die Fertig-keiten und die pädagogische Praxis der Fachkräfte zu sensibilisieren und deutlich zu machen, wel-che Aufgaben diese wahrnehmen, von denen die Kinder und Jugendlichen, aber auch oft die Er-wachsenen nachhaltig profitieren.

Mehr Fachkräfte

Da die Offene Kinder- und Jugendarbeit das einzige Feld innerhalb der Jugendhilfe ist, in der immer weniger Personal eingestellt wird, bedarf es bei den zeitgleich wachsenden Aufgaben vor allem zusätzliches Fachpersonal. Die Kampagne will hier insbesondere den Fokus auf das Fachpersonal setzen, da viele Einrichtungen mit der Frage konfrontiert werden, ob ihre Aufgaben nicht auch durch kurzfristige Honorarkräfte oder Ehrenamtliche abgedeckt werden könnten.

Mehr strukturelle Ressourcen

Um eine verlässliche pädagogische Arbeit nachhaltig abzusichern, ist der Ausbau der strukturellen Förderung wesentlich.
Im Rahmen der Kampagne sollten Interessierte dafür sensibilisiert werden, wie sich die Förderung für eine Einrichtung zusammensetzt. Auch wenn der größte Anteil aus der kommunalen Finanzierung kommt (und sich die Forderungen aus der Kampagne auch an die Kommune richten), sind das Land NRW und die Kommunen gleichermaßen angesprochen, um Rahmenbedingungen für eine auskömmliche Finanzierung zu ermitteln.

Beteiligte Einrichtungen

Da die Kampagne aus einzelnen Bausteinen bestand, war es den angeschlossenen Falken-Einrichtungen in NRW möglich, ihre Aktivitäten individuell anzupassen.
Einige Einrichtungen hatten dabei nicht die Ressourcen, eine große Aktion anzubieten und arbeiteten daher in ihrem Jugendzentrum mit ihren Kindern und Jugendlichen am Thema. Andere Einrichtungen waren wiederum stärker in die Aktivitäten involviert. Zu diesen Einrichtungen gehören die Jugendzentren aus Gelsenkirchen, Herne, Oberhausen, Essen, Marl, Gladbeck, Duisburg, sowie Recklinghausen.
 

Ablauf der Kampagne

Um den Einrichtungen zu ermöglichen, ihre Aktionen mit den Kindern und Jugendlichen in den Jugendzentren vorbereiten zu können, lag der Fokus auf der Durchführung von dezentralen Aktio-nen mit einzelnen gemeinschaftliches Aktivitäten.

Folgende Elemente waren Bestandteil:

Zentrales Kampagnenmaterial

Das Falken Bildungs- und Freizeitwerk stellte für den Ablauf der Aktivitäten zentrales Kampagnenmaterial zur Verfügung, z.B. Transparente, Bulli-Kits, Luftballons, Vorlagen für Stencils etc. . Diese konnten dann individuell für die Gruppenarbeit in der Einrichtung und für die Stadtteilaktionen genutzt werden.
Weiterhin standen den Fachkräften Info-Flyer, z.B. der Flyer „Jugendarbeit wirkt“, aus dem Geschäftsstelle zur Verfügung.

 

Kampagnenstart an den Standorten mit einer gemeinsamen Aktion

Am 1.3.2017 startete die Kampagne zeitgleich an den Aktionsstandorten mit einer Luftballonaktion. Die Teilnehmenden sammelten Wünsche und Forderungen und ließen diese „in die Luft“ steigen. Der Start wurde auf Facebook dokumentiert. Für die Fachkräfte war es so möglich, Kinder, Jugendliche und z.B. Eltern gleichermaßen auf die Kampagne hinzuweisen. Einige Einrichtungen verknüpften die Aktion mit einem Info-Café zum Thema Offene Kinder- und Jugendarbeit.

Dezentrale Phase und Ansprache in den Sozialraum

Zwischen dem 1.3.2017 und dem 5.5.2017 führten die Einrichtungen eigenverantwortlich und vor allem in Absprache mit den Kindern und Jugendlichen vor Ort dezentrale Aktivitäten in den Einrich-tungen und Stadtteilen durch.
Beispielsweise haben Einrichtungen eine Foto-Wand gestaltet, um bei Stadtteilfesten Bür-ger*innen und Kommunalpolitiker*innen zu bewegen, sich für die Verbesserung der Jugendarbeit einzusetzen (und sich dementsprechend fotografieren zu lassen). Auch Stadtteilfeste oder Aktivi-täten zum 1.Mai waren Anlässe, um auch einige MdLs, sowie Kandidat*innen zur Landtagswahl zu erreichen und für das Thema zu sensibilisieren.
Weiterhin gab es in den Stadtteilen weitere Info-Cafés sowie Info-Stände. An einigen Orten wurden diese mit kreativen Walking-Acts ergänzt.
Die durch die Geschäftsstelle zur Verfügung gestellten Transparente kamen an vielen Orten für Unterschriftenaktionen zum Einsatz.
Aber auch in der dezentralen Phase gab es ein verknüpfendes Element, an dem einige Einrichtungen teilgenommen haben: mit der Aktion „Energie für die Jugendarbeit – unsere Postkarte an die Ministerin“ haben Kinder, Jugendliche und Erwachsene eben jene vorgedruckten Postkarten aus-gefüllt. Ein erstes Exemplar konnte symbolisch an Christina Kampmann während des Deutschen Kinder- und Jugendhilfetages in Düsseldorf überreicht werden.

Zentrale gemeinsame Abschlussveranstaltung in Essen

Am 5.5.2017 trafen die Einrichtungen in Essen zusammen, um eine Abschlussveranstaltung am Kennedyplatz und in der angrenzenden Fußgängerzone in Essen durchzuführen. Neben diversen Spielangeboten wurde die Postkartenaktion auch hier durchgeführt. Mit einer Kunstinstallation konnte auf fehlende Fachkräfte in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit aufmerksam gemacht werden. Auf einer „Open Stage“ unterstützten Strassenmusiker*innen die Kampagne. Insgesamt war es somit möglich, die Vielfalt der möglichen Aktivitäten im Jugendzentrum treffend darzustellen. Die Besucher*innen der Jugendzentren führten außerdem „Walking Acts“ in der Innenstadt durch.

Zielgruppen und Auswirkungen

Die Kampagne sollte in einem relativ kurzen Aktionszeitraum den Einrichtungen ermöglichen, auf ihre Bedarfe aufmerksam zu machen und dabei Interessen von Kinder und Jugendliche aus den Einrichtungen transformieren.
An der Kampagne beteiligte Kinder und Jugendliche fanden es positiv, dass es diesmal um ihr „Jugendzentrum“ ging. Gleichzeitig konnte auch die Arbeit der Fachkräfte in den Fokus gerückt und damit deutlich gemacht werden, dass die Zeit mit den Haupt-, aber auch mit den Ehrenamtlichen nicht selbstverständlich ist und Offene Kinder- und Jugendarbeit eben ein Berufsfeld ist, dass die Fachkräfte vor Ort mit einem hohen Engagement -auch über Regelarbeitszeiten hinaus- ausfüllen.
Gleichzeitig war es sinnvoll, die Aktivitäten nicht über einen zu langen Zeitraum stattfinden zu las-sen, da andere Interessen der Besucher*innen sonst in den Hintergrund gerückt worden wären.
Auch die Eltern und Bürger*innen im Sozialraum wurden für die Bedeutung des Themas sensibili-siert. Ebenso wurden Kommunalpolitiker*innen, MdLs sowie Landtagskandidat*innen in die Aktivi-täten involviert. Inwiefern sich dies konkret auf die Erhöhung von Ressourcen an den einzelnen Standorten auswirkt, ist jedoch angesichts der knappen Haushaltslage und der fehlenden Lobby für Offene Kinder- und Jugendarbeit abzuwarten.